Angst und Phobie

Die Agoraphobie wird im Deutschen oft als Platzangst bezeichnet. Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln, Schlangestehen im Supermarkt, Theater- oder Kinobesuche bzw. Menschenansammlungen stellen Situationen dar, in denen sich der betroffene Mensch vollkommen überfordert, hilflos und ausgeliefert fühlt. Die größte Angst besteht darin in eine Situation geraten zu können, aus der eine Flucht unmöglich erscheint. Die Befürchtung ist meist, in aller Öffentlichkeit die Kontrolle zu verlieren, in Ohnmacht zu fallen und hilflos zu sein. Die Agoraphobie wird als schwerwiegendste Phobie bezeichnet. Sie wird häufig von einer Panikstörung begleitet.

Die Panikstörung ist gekennzeichnet von plötzlich und unerwarteten Episoden massiver, panikartiger Angstgefühle. Die Panikattacke ist ein plötzlicher, sehr intensiver und zeitlich begrenzter Angstanfall. Er kommt meist „wie ein Blitz aus heiterem Himmel“. Innerhalb weniger Minuten erreicht die Angst ihren Höhepunkt. Der Betroffene glaubt aufgrund der extremen körperlichen Reaktionen sterben zu müssen. Herzklopfen, Schmerzen in der Brust, Erstickungsgefühle und Schwindelanfälle nehmen ein nicht gekanntes Ausmaß an.

Eine spezifische Phobie ist immer auf konkrete Situationen, Gegenstände oder Objekte ausgerichtet (z.B. Spinnen, Hunde, Schlangen, Gewitter, Dunkelheit, Höhe, Flugzeuge, Fahrstühle, enge Räume, Prüfungen, Spritzen, Blut, Zahnarztbesuch, Aids). Die genannten Situationen lösen eine übermäßig starke Angstreaktionen und Vermeidungsverhalten aus. Spezifische Phobien entstehen gewöhnlich in der Kindheit und können unbehandelt Jahrzehnte bestehen. Das Ausmaß der eintretenden Behinderung hängt davon ab, wie leicht die betroffene Person die phobische Situation vermeiden kann.

Die soziale Phobie ist die Angst, der prüfenden Beobachtung anderer Menschen ausgeliefert zu sein. Die Betroffenen haben Angst, kritisiert oder lächerlich gemacht zu werden, sich zu blamieren oder im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Meist gibt es die Befürchtung man könne rot werden oder etwas sehr Peinliches tun. Daher beziehen sich die Ängste auf alle Situationen, in denen man mit Menschen zusammenkommt: gesellschaftliche Anlässe, Feste feiern, mit Freunden essen gehen oder etwas zusammen unternehmen, vor anderen reden, mit dem Vorgesetzten oder Kollegen sprechen etc. Der Kontakt mit anderen Menschen wird auf das Nötigste reduziert und da, wo er unausweichlich ist, wie z.B. am Arbeitsplatz, als ungeheuer belastend empfunden. In extremen Fällen kann beträchtliches Vermeidungsverhalten schließlich zur vollständigern sozialen Isolierung führen.

Die generalisierte Angststörung beginnt meist schleichend und steht oft in Zusammenhang mit starken Belastungen im Privat- oder Berufsleben, die über lange Zeit andauern. Sie ist geprägt von ständigen Sorgen oder Befürchtungen, mit anhaltender innerer Unruhe und vielfältigen körperlichen Symptomen (z.B. Schlafstörungen, Herzrasen, Schweißausbrüche, Schwindel, Magenbeschwerden oder Muskelverspannungen). Die Sorgen richten sich nicht auf eine bestimmte Sache, sondern wechseln beständig und sind geprägt von einem Gefühl der Ausweglosigkeit, des Ausgeliefertseins und von Katastrophengedanken. Die Betroffenen sorgen sich nicht nur um sich selbst, sondern vor allem um andere, wie z.B. Kinder, Ehepartner oder Eltern.

Die Behandlung der Angsterkrankungen

Bei Angsterkrankungen und Phobien hat sich die kognitive Verhaltenstherapie als wirksamstes psychotherapeutisches Vorgehen erwiesen und gilt als psychotherapeutisches Methode der ersten Wahl. Die Erfolge liegen hier bei durchschnittlich 80 Prozent. Unbehandelt können sich Ängste immer weiter ausbreiten - mehr als die Hälfte der Patienten erkranken über die Jahre dann zusätzlich an einer Depression.

Nach einer eingehenden Diagnostikphase mit sehr genauer Analyse der Ängste und ihrer Uraschen folgt die eigentliche Behandlungsphase, für die sich das verhaltenstherapeutische Expositionsverfahren als sehr effektiv erwiesen hat. Nach einer sehr umfassenden Vorbereitung begibt sich der Patient mit Unterstützung des Therapeuten schrittweise in die für ihn angstauslösenden Situationen. Nach neuesten Befunden kann ergänzend auch der Einsatz von EMDR in der Behandlung sinnvoll und erfolgreich sein.

Im Anschluss an die Symptombehandlung geht es um die Aufarbeitung möglicher ursächlicher oder aufrechterhaltender Faktoren für die Symptomatik. Bei Angststörungen stehen auffällig häufig Trennungs- und Verlusterlebnisse hinter der Erkrankung.

 

 

 
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